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Konzertkritik vom 10.5.13

Konzertkritik Hemmingen aktuell vom 10. Mai 2013

Konzertkritik Hemmingen aktuell, 10. Mai 2013 von Rudolf Wesner

 

Anspruchsvolle Werke souverän musiziert

Klangprächtiges Frühjahrskonzert des Strohgäu-Sinfonieorchesters mit neuem Dirigent.

Eine erfreulich große Zahl von Besuchern hörte am Sonntagnachmittag das Frühjahrskonzert des Strohgäu Sinfonieorchesters (SSO), das wie jedes Jahr mit Unterstützung der Gemeinde Hemmingen in der Gemeinschaftshalle stattfand.

Dabei erlebten sie den ersten Auftritt des neuen Dirigenten Helmuth Reichel Silva, der mit dem auf hohem Niveau musizierenden Liebhaberorchester eine Reihe sehr anspruchsvoller Werke einstudiert hatte. Auch die junge Solistin, die Hornistin Deborah Brehm, überzeugte mit eindrucksvoller Virtuosität auf ihrem Instrument.

Eingeleitet wurde das Programm mit der Ouvertüre zum Schauspiel „Julius Cäsar“, die Robert Schumann im Jahr 1851 komponierte, nachdem er das Drama von William Shakespeare gesehen hatte. Das selten aufgeführte Werk wirkt zwar etwas spröde, doch für die Angehörigen des SSO war es eine reizvolle künstlerische Herausforderung das in den Stimmungen wechselnde Werk transparent zu gestalten. Unter der Leitung des neuen Dirigenten Helmuth Reichel Silva entstand eine in bewegte und spannungsreiche Aufführung.

Knapp 80 Jahre zuvor schrieb Wolfgang Amadeus Mozart im Alter von 27 Jahren sein Hornkonzert Nummer zwei in Es-Dur, KV 417. In den drei Sätzen entfalteter die Solistin Deborah Brehm ein delikates und durchgängig tempobetontes Spiel. Sie brillierte in den beiden schnellen Sätzen mit hochrangiger Virtuosität und vermochte den Mittelsatz, einem sensibel angelegten Andante, mit einzigartiger Feinheit in der Intonation darzubieten, wodurch die zarte Melodik noch deutlicher hervor trat. Das Strohgäu Sinfonieorchester breitete unter der Leitung von Helmuth Reichel Silva zur Begleitung der beeindruckenden Könnerin auf ihrem Instrument einen dichten und warm musizierten Klangteppich aus. Deborah Brehm erhielt vom Hemminger Publikum anhaltenden, freudigen Beifall.

Im zweiten Teil des Konzerts stand zunächst ein langsamer Satz von Gustav Mahler (1860 bis 1911) auf dem Programm, der ursprünglich ein Teil seiner ersten Sinfonie war, später vom Komponisten daraus wieder entfernt wurde. Mahlers Sinfonien waren in der Zeit ihres Entstehens äußerst umstritten, denn der Komponist verlangte von Musikern und Zuhörern die Gewöhnung an neue Klangfolgen, die sich auch aus der komplizierten Instrumentierung ergaben. Die Mitglieder des SSO hatten damit allerdings keinerlei Schwierigkeiten. Der mit „Blumine“ betitelte Satz erlebte eine an melodischen Elementen reiche, damit sehr farbenfüllige und empfindungsreiche Aufführung.

Die vier Sätze der Suite für Orchester „Pellás et Mélisande“ von Gabriel Fauré, einem Vormeister des französischen Impressionismus, schenkten dem SSO eine weitere Möglichkeit, seine vitale Musizierfreude verbunden mit überzeugender Gestaltungskraft auszubreiten. Die Musik zu dem gleichnamigen Drama von Maurice Maetterlinck erzählt den Inhalt einer bretonischen Sage von der tragisch ausgehenden Liebesgeschichte des Prinzen Golaud mit dem geheimnisvollen Mädchen Mélisande. Es sind gleichermaßen zarte wie auch dramatische Klangformen, die das SSO überaus schillernd in allen Registern und voller Impulsivität hörbar machte. Helmuth Reichel Silva verlangte dazu ein enormes Maß an souveränem Spiel von den Musikerinnen und Musikern, das sie mit Bravour ausführten.

Zum Abschluss des Frühjahrskonzerts wurden die Besucher nach Ungarn entführt, als sie eine Reihe „Ungarischer Bauerntänze“, wie sie der Komponist Béla Bartók (1881 – 1945) auf dem Lande selbst hörte und in orchestraler Klangfülle bearbeitete, hörten. Bei der Aufführung dieses Werks glänzte das SSO noch einmal mit temporeicher, in professioneller Qualität ausgeführter Interpretation, wobei auch die schwierigen, verschiedenartigen Rhythmen perfekt beherrscht wurden. Das Temperament des Dirigenten Helmuth Reichel Silva schien sich nachdrücklich auf die Musikerinnen und Musiker übertragen zu haben. Nach diesem Klangfeuerwerk entließen die begeisterten Besucher das Orchester erst nach zwei Zugaben.

Rudolf Wesner, 10. Mai 2013