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Reisetagebuch Türkei 2009

Freitag, den 22. Mai 2009
Endlich ist es soweit – das Strohgäu-Sinfonieorchester fliegt in die Türkei!

Nach mehrstündiger Wartezeit am Stuttgarter Flughafen und einem Flug, bei dem das Englisch der Stewardessen genauso klang wie das Türkisch, kommen wir in Izmir an und fahren auch gleich zum Hotel. Auf dieser ersten Busfahrt durften wir gleich einmal die Bekanntschaft unseres Reiseführers Rüstem machen, der uns auch den Rest der Woche begleiten und mit kleinen (sich irgendwann wiederholenden) Anekdoten unterhalten würde. Das Hotel „Güven 2. Bahar“ in Seferihisar, in dem wir untergebracht waren, war gleichzeitig auch ein Pflegeheim, außerdem gab es einen Pool, der natürlich außerordentlich gut ankam. Bereits an diesem ersten Abend erfuhren wir, dass man sich in der Türkei nicht immer darauf verlassen kann, was auf dem Programm steht und so mussten wir etwas enttäuscht feststellen, dass der Begrüßungscocktail („Kokteyl“) leider ausfallen musste.

Die meisten Orchestermitglieder nutzten diese Möglichkeit, bei schöner Abendstimmung das Dorf Seferihisar und den Hafen zu erkunden und erste kleine Einkäufe zu erledigen. Nach dem Abendessen sind einige noch ins Dorf gegangen, viele waren aber auch erschöpft von der Reise. Der erholsame Schlaf wurde nur von einem Muezzin, der nachts per Lautsprecher die Gegend beschallte und schreienden Katzen gestört…

Samstag, den 23. Mai 2009
Für den Vormittag unseres ersten Tages war eine „Stadtrundführung“ in Seferihisar geplant. Tatsächlich ging die Führung nur bis zum Hafen, den die meisten von uns ja bereits am Abend vorher gesehen hatten. Neu war für uns, dass die Ruine am Hafen (Mauerreste, die einen viereckigen Platz umschlossen und vier kleine Türmchen hatten, auf die man klettern konnte) unser erster Konzertort sein sollte. Und zwar für das Konzert, das an diesem Abend stattfinden sollte. Erstaunt stellten wir fest, dass weder Bestuhlung noch Bühne standen – lange Ketten von türkischen Fahnen wehten aber schon kreuz und quer über die Rasenfläche im Wind. Wir genossen die hübsche Aussicht von der Mauer auf den Hafen, schossen viele Fotos aber irgendwann hatte man eben alles gesehen und die Gruppe löste sich auf. Einige machten sich auf den Weg den Strand, der sich eine Bucht weiter befinden sollte, zu suchen, andere kehrten direkt zum Hotel zurück und warteten dort auf das Startsignal für das Mittagessen. Für den Nachmittag stand eigentlich Freizeit an, aber wie bereits im Programm angekündigt „verfügt(e) Frédéric frei darüber, dass geprobt (wurde)“.

Um 14 Uhr pünktlich trafen alle im sechsten Stock des Hotels ein, um an der ersten Probe mit Panorama-Aussicht teilzunehmen. Die Zeit vor dem Konzert war dann etwas stressig, aus Zeitgründen musste sogar in Konzertkleidung gegessen werden (es sollte nicht das letzte Mal sein) und dann machten wir uns auch schon auf den Weg zur Ruine des Vortags. In knalliger Hitze und bei blendendem Gegenlicht bereiteten wir uns also so gut wie möglich vor Ort auf unser erstes Openair-Konzert in der Türkei vor. Die Zeit zwischen Anspielprobe und Orchester wurde uns (dieses Mal wirklich) mit Cocktails und kleinen Häppchen versüßt und auch die Temperaturen wurden angenehmer. Ein deutsches Orchester sieht man nicht alle Tage in Seferihisar, dementsprechend gut gefüllt waren die Plätze. Und dementsprechend feierlich und langwierig waren auch die Begrüßungsreden, die ein Türke freundlicherweise auf deutsch (mit österreichischem Akzent) übersetzte. Gerade als ebendieser Türke zur Musik überleiten wollte, wurde es Nacht: Stromausfall. Die Lichteffekte, die bis eben noch die Mauerreste grün angestrahlt hatten, verloschen, das Mikrofon verstummte, auf der Leinwand mit der Fernsehliveübertragung waren nur noch bunte Streifen zu sehen. Aber nach nur wenigen Minuten Wartezeit hatten die Türken ihre Technik nach und nach wieder im Griff und wir konnten mit dem Konzert beginnen, das relativ anstrengend war. Aufgrund der Tatsache, dass wir Open Air spielten, war die Akustik sehr offen und der Klang ungewohnt, aber das Publikum war begeistert! Nach mehreren Zugaben wollten wir eben eine letzte Zugabe spielen, als wir der türkischen Kultur Zeit einräumen mussten. Der Muezzin war wieder dran. Der Abend fand seinen Ausklang in einem naheliegenden Restaurant, in dem der Großteil des Orchesters sich einfand.

Sonntag, den 24. Mai 2009
Für den heutigen Tag hatten wir uns einiges vorgenommen, deshalb gab es heute auch früher Frühstück als sonst. Gegen halb zehn Uhr starteten wir dann unseren Tagesausflug nach Ephesus. Bevor wir uns die antike Stadt anschauten, machten wir aber noch einen Halt beim „Haus der Maria“, das auf einem Hügel oberhalb von Ephesus lag. Nachdem wir einmal durch das Haus gegangen waren und Wasser aus der Quelle entweder sofort getrunken oder in Flaschen abgefüllt hatten, war der erste Programmpunkt des Tages auch schon vorbei und bei strahlendem Sonnenschein machten wir uns auf nach Ephesus. Ismail, ein deutschsprachiger Reiseführer, den wir vorher abgeholt hatten, erklärte uns sehr genau, was es wo zu sehen gab und worum es sich handelte. Entlang an der Hauptstraße von Ephesus spazierten wir über Marmorboden vorbei an Tempelüberresten und Säulen in Richtung der alten Bibliothek. Noch beeindruckender wird die Stadt, wenn man sich klar macht, dass Archäologen seit 100 Jahren mit ausgraben beschäftigt sind und gerade einmal ein Drittel des antiken Ephesus freigelegt haben! Es wurde immer heißer und so manch einer wird wohl auch froh gewesen sein, als das Wichtigste gesehen und die Führung beendet war und wir wieder in den klimatisierten Bus einsteigen konnten. Um das eben Gesehene noch zu ergänzen, wurden wir noch in das kleine Museum der Stadt Ephesus geführt, wo wir uns jedoch ohne Führung frei bewegen konnten. Aber die Hitze hatte uns allen zu schaffen gemacht und so viel Neues ist ja auch anstrengend, also: Auf zum Mittagessen! Aber selbst beim Mittagessen wurden für uns weder Kosten noch Mühen gespart und so genossen wir türkische Köstlichkeiten im Schatten auf dem Gelände der Teppichfabrik „The Hali“, inmitten von Grün. Neu gestärkt konnten wir uns dann voll darauf konzentrieren, wie Seide hergestellt wird, wie Teppiche von Hand geknüpft werden, was einen besonders guten Teppich ausmacht und natürlich welche Teppiche zum Verkauf stehen.

Wir hatten noch lange nicht alles Sehenswerte der Gegend gesehen – weiter ging es nach Sirinçe, ein ursprünglich kleines Bergdorf, das mittlerweile jedoch auch touristisch ausgerichtet war und in dem man sowohl den einheimischen Wein probieren, als auch Schmuck kaufen oder „genuine fake watches“ bestaunen konnte. Nach einem dreiviertelstündigen Aufenthalt (der unplanmäßig verlängert werden musste) hatten wir wahrscheinlich immer noch nicht alles Sehenswerte der Gegend gesehen, aber wir hatten alle vorgesehenen Programmpunkte gesehen und konnte erschöpft aber zufrieden nach Hause fahren.

Montag, den 25. Mai 2009
Der für den heutigen Vormittag geplante Ausflug nach Teos musste leider ausfallen, dafür wurde mal wieder eine Panorama-Probe eingeschoben, die dann auch den Großteil des Vormittags füllte. Für den Nachmittag stand für die Bläser eine Zusatzprobe an (nicht etwas, weil sie so schlechten spielten, sondern um das Programm etwas aufzufüllen, nachdem unsere Solistin erkrankt war). Ein Großteil der verbliebenen Streicher verbrachte den freien Nachmittag am Strand und genoss das tolle Wetter und das türkisfarbene Wasser. Aber kurz vor dem Abendessen war dann wieder Schluss mit lustig: Wir hatten ja schließlich noch ein Konzert zu spielen am heutigen Abend! Und dieses Mal hatten wir einen etwas weiteren Weg zurückzulegen, um an unserem Konzertort Bornova anzukommen. Auf dem Dach eines Gebäudes wurden wir dann wieder großzügig mit Cocktails und Häppchen versorgt, sogar so gut, dass die Zeit für eine Anspielprobe zusehends schwand. Uns blieb also nichts weiter übrig, als zwei der Stücke einmal kurz auf der Bühne anzuspielen (das Publikum war dabei schon anwesend), dann kurz hinter der Bühne zu verschwinden und zehn Minuten später mit dem Konzert zu beginnen. Nach dem Konzert, bei dem leider nur relativ wenig Publikum zugegen war und der Wind ein großes Problem war, wurde noch eine Weile diskutiert, ob wir die Chance nutzen und noch eine Weile in Izmir bleiben sollten. Letztendlich wurde dagegen entschieden, aber wir kamen in den Genuss, den Konak (also quasi das Zentrum von Izmir) mit seinen vielen Restaurants und Cafés bei Nacht sehen zu können.

Kurz bevor wir unser Hotel erreichten, hielt unser Bus noch kurz an einem kleinen Wassermelonenstand am Straßenrand an und kaufte Wassermelonen für den ganzen Bus. Mit Wassermelone bis zum Abwinken klang der Abend dann auf der Terrasse neben dem Pool aus.

Dienstag, den 26. Mai 2009
Für den Dienstag war wieder ein Tagesausflug geplant, diesmal jedoch weniger kulturell orientiert als viel mehr zum Vergnügen: Eine Bootstour entlang der Küste von Izmir. Auf dem Boot gab es sowohl die Möglichkeit, gemütlich unter Deck im Schatten zu sitzen, als auch sich auf dem Deck auszubreiten und die Sonne in vollen Zügen zu genießen. Der erste Halt in einer Bucht mit türkisfarbenem, klaren Wasser ließ auch nicht lange auf sich warten und so stürzten sich viele (die Mutigeren vom Sonnendeck oder per Köpfer) vom Boot in das doch überraschend kühle Nass und schwammen entweder zu einer kleinen Felsinsel oder an den Strand. Nach größtenteils erfolgloser Muschelsuche oder Schlammschlacht schwammen wir dann eher erschöpft zurück zum Schiff, um uns auf dem Deck auszuruhen. Der nächste Halt stand schon an, diesmal für längere Zeit, in einer von Felsen umgebenen Bucht blieben wir während dem Mittagessen: frischgegrillter Fisch, natürlich mit echten Fischen in Sichtweite im glasklaren Wasser. Doch auch dieser wunderschöne Ort musste irgendwann wieder verlassen werden, uns erwarteten noch mehr Buchten, die es zu entdecken gab. Dem weißen Schlamm in der nächsten Bucht hätten wir wohl keine Bedeutung zugemessen, hätte man uns nicht darauf aufmerksam gemacht, dass er, wenn man ihn sich auf die Haut schmiert und trocknen lässt, gut für die Haut ist. Wer besonders viel Wert auf sein Äußeres legt, kann natürlich auch mal probieren, ob der gewünschte Effekt auch eintritt, wenn man sich den weißen Schlamm im die Haare schmiert. Nachdem wir etwas für unsere Schönheit getan hatten, konnten wir uns guten Gewissens wieder auf dem Schiff ausruhen und die Aussicht genießen. Die Zeit verging wie im Flug und schon kam die letzte Möglichkeit, waghalsige Sprungversuche übermütiger Jugendlicher mit dem Foto festzuhalten, was auch ausgiebig gemacht wurde.

Nach diesem äußerst erholsamen und schönen Tag mussten die Bläser nochmal an die Arbeit und haben die Heimbewohner eine gute halbe Stunde mit Blasmusik unterhalten, was sehr gut ankam. „Alpengruß“ hört man schließlich auch nicht alle Tage in der Türkei.

Mittwoch, den 27. Mai 2009
Der Vormittag ging mal wieder mit einer Probe vorbei, der eine lange Diskussion darüber voraus ging, wie man seine Noten am Besten gegen den Wind befestigt.

Ungefähr die Hälfte des Orchesters war dann zum Mittagessen in einem Fischrestaurant in der Nähe des Hafens, während andere bevorzugten, im hoteleigenen Restaurant zu bleiben. Der Nachmittag stand uns dann wirklich zur freien Verfügung, da aber abends wieder ein Konzert anstand, bleiben nicht allzu viele Möglichkeiten. Einige sind in der Nähe des Hafens geblieben, manche verbrachten diesen sonnigen Nachmittag im oder am Pool, wo mal wieder eine Wassermelone geschlachtet wurde.

Das Konzert an diesem Abend sollte wieder in Bornova stattfinden und auch dieses Mal waren wieder Cocktails und Häppchen angedacht. Aber wir wollten auch ein Mal eine ausführliche Anspielprobe haben, deshalb wurde das Abendessen vorverlegt und die Cocktails gestrichen. Außerdem fand diese Anspielprobe ohne Publikum statt. Wahrscheinlich trugen die gründlichere Vorbereitung und das begeisterungsfähige Publikum einiges dazu bei, dass unser letztes Konzert in der Türkei auch das Beste wurde. Und dieses Mal blieben wir auch nach dem Konzert eine Weile in Bornova, wenn auch nur im Restaurant neben dem Konzertort. Der Dönerteller schmeckte vorzüglich und Schoko-Milchshake war da natürlich das einzige passende Getränk – eine Mischung, die man durchaus empfehlen kann. Auf der Rückfahrt wurde uns vom Busfahrer quasi eine Runde Schlaf verordnet, er machte einfach das Licht aus und es wurde tatsächlich erstaunlich ruhig im Bus.

Donnerstag, den 28. Mai 2009
Auch wenn wir am vergangenen Abend mit dem letzten Konzert unsere Pflichten als Orchester erledigt hatten – die Reise war noch lange nicht beendet! Für unseren letzten Tag in der Türkei war noch ein Tagesausflug nach Izmir, der drittgrößten Stadt der Türkei geplant. Nach dem Frühstück haben wir uns also mal wieder im Bus eingerichtet (wo immer noch ein Platz zu wenig war) und sind zuerst zur Burgruine „Kadifekale“ gefahren, von wo aus man eine sehr schöne Aussicht über Izmir hatte. Fast noch schöner als die Aussicht von den Burgmauern waren die vielen Schals und Tücher, die im Inneren der Burg verkauft wurden – der Anfang einer den ganzen Tag andauernden Einkaufssession. Anschließend ging es direkt ins Herz des Bazars, wo wir unser Mittagessen (riesige Auswahl zwischen Döner oder Döner) einnahmen. Nach dem Essen ging es erst einmal noch gemeinsam weiter, obwohl es gar nicht so leicht war, so eine große Gruppe in diesem Getümmel zusammenzuhalten. In einem Lederwarengeschäft waren wir noch auf ein Gläschen Apfeltee eingeladen, die Lederjacken durften natürlich auch anprobiert und gekauft werden. Das absolute Highlight in diesem Laden war allerdings ein kleiner Hund, der auch Männchen machte, ohne das man ihn mit Zuckerwürfeln fütterte, obwohl der Besitzer uns mehrfach dazu aufforderte. Irgendwann wurde aber selbst diese Beschäftigung denen, die nicht an einem Kauf interessiert waren, zu langweilig und das Orchester begann, sich aufzuteilen. Ursprünglich waren drei Gruppen geplant, aber wen überrascht es, dass das nicht funktionierte und letzten Endes doch jeder dahin laufen konnte, wohin er wollte. Trotz anfänglichen Bedenken Rüstems fanden auch alle pünktlich wieder (vollbepackt mit Einkäufen) aus dem Laden-Dschungel heraus, um sich am Clocktower zu treffen.

Die absolut witzigste Aktion der ganzen Orchesterreise stand uns aber noch bevor: Das Balkonkonzert! Jeder richtete sich in Konzertklamotten und mit seinem Instrument auf seinem Balkon ein, während Frédéric in der Mitte des Pools seinen Dirigierstab zückte. Die anwesende Presse verfolgte unser Balkonkonzert mit großem Interesse und auch für uns war es eine schöne Erfahrung. Für unseren letzten Abend war noch eine Überraschung geplant, um die Rüstem viel Wirbel machte – es stellte sich heraus, dass es sich bei der Überraschung um eine Bauchtänzerin handelte. Besonders amüsant machte den Abend, dass eben diese Bauchtänzerin jeden männlichen Musiker des Orchesters aufforderte. Der Rest des Abends verging mit Limbo-Tanzen, Rakı trinken und unterhaltsamen Gesprächen. Während die meisten sich nach und nach in ihre Zimmer zurückzogen, um für die anstehende Reise Kraft zu sammeln, blieben die Jüngeren des Orchesters noch eine ganze Weile auf, um Volleyball zu spielen und den letzten Abend zu genießen. So entstand ein beinahe fließender Übergang zum

Freitag, den 29. Mai 2009
Für alle war die letzte Nacht wohl schneller vorüber, als man sich das gewünscht hätte, denn bereits ab halb sechs Uhr morgens war das Frühstück angerichtet. Nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass wir um halb sieben Uhr morgens schon im Bus zum Flughafen saßen und um neun Uhr die Türkei schon wieder verließen. Eine wunderschöne Woche, die uns sicher allen noch lange in Erinnerung bleiben wird!

Franziska Dinkelacker