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Achterbahn der Gefühle

Frühlingskonzert des Strohgäu-Sinfonieorchesters unter der Leitung von Se-Mi Hwang

SCHWIEBERDINGEN. Ausgesprochen romantisch war das Programm, mit dem das Strohgäu-Sinfonieorchester (SSO) sein diesjähriges Frühjahrskonzert in Schwieberdingen und Hemmingen bestritten hat. Kaum haben die Musikerinnen und Musiker Platz genommen, kommt Se-Mi Hwang bei der Premiere in der Schwieberdinger Festhalle voller Elan auf die Bühne gesprintet. Die in Südkorea geborene Dirigentin hat die Leitung des SSO vor knapp zwei Jahren von Aki Schmitt übernommen und brennt darauf, endlich vorzustellen, was sie mit den Mitgliedern des seit über 60 Jahren bestehenden Orchesters im vergangenen halben Jahr einstudiert hat. Bereits die Einstimmung mit Carl Maria von Webers Ouvertüre zu seiner 1823 uraufgeführten Oper "Euryanthe" machte das nüchterne Mehrzweck-Sporthalien-Flair komplett vergessen.

Zart und duftig realisiert der lyrische Auftakt, straffen sich die Register, Bläser und Streicher auf Augenhöhe: Packend und mitreißend gestalteten sie die dramatische, wendungsreiche Passage auf dieser Achterbahn der Gefühle. Mit rhythmischer Präzision und klaren Schlagfiguren - Hwang hat in Stuttgart Schlagzeug studiert und unterrichtet heute Percussion an der Musikhochschule in Mannheim - schärft sie die Spannungsbogen der Partitur, was eine überaus eindringliche Wirkung zeitigt. Bereits zuvor hatte sie eine Kostprobe ihres Könnens auf dem großen, am linken Bühnenrand bereitstehenden Holzschlagstabspiel gegeben, das beim folgenden Konzert für Marimba und Streicher von Emmanuel Sejourne zum Einsatz kam. Mit Nico Walbett war dazu ein Solist eingeladen, der nach seinem Schiagzeugstudium in Stuttgart und Karlsruhe unter anderem bereits von den Münchner Philharmonikern engagiert wurde, aber auch in verschiedenen Jazz-Formationen zu hören ist.

Die Dirigentin bringt frischen Schwung in den Klangkörper

Damit schien der 1995 in Großeichholzheim im Odenwald Geborene prädestiniert für eine glänzende Aufführung von Sejournes 2005 als Auftragskomposition für Bogdan Bacanu entstandenem Werk, verbinden sich darin doch spätromantische Motive mit Jazz- und Flamenco-Anklängen zu einem intensiven, filmmusikartigen Imaginationsszenario mit Sogwirkung. Geheimnisvoll hebt seine trillernd geklöppelte Solokadenz im ersten Satz in den Basslagen an, schwingt sich auf in den Diskant und wieder hinab, um fast ganz zu verebben, wundervoll abgefangen und aufgenommen von den tiefen Streichern, funkensprühend der Dialog mit Konzertmeisterin Angelika Wollasch und der ersten Cellistin - eine exzellente Vorstellung von Wolbert wie vom SSO.

Auch in drei der "Ungarischen Tänze" von Johannes Brahms nach der Pause war zu spüren, wie alle Mitglieder des LiebhaberOrchesters mit Feuer und Flamme bei der Sache waren. In ihrer zupackenden, hemdsärmeligen Art passt Hwang gut zum SSO, hat man den Eindruck, unter dem frischen Schwung ihres Dirigats entwickelt sich der Klangkörper äußerst gedeihlich. Im Stil eines Gesprächskonzerts lässt sie kurz die Sätze der 1872 zum gleichnamigen Schauspiel entstandenen Bühnenmusik der ,,Arlésienne Suite Nr. 2" von Georges Bizet anspielen, sogar einige Soli. So sehr der musikpädagogische Ansatz zu loben ist: Die folgende Darbietung des durchaus anspruchsvollen Werks macht den Eindruck, als habe die Konzentration dadurch leicht gelitten.

Fabelhaft umgesetzt die Steigerungsdramaturgie allerdings wieder in der "Danse Bacchanale" aus Camille Saint-Saens' "Samson et Dalila" (1877) zum Abschluss, subtil die feinziselierten Arabesken, beeindruckend die geballte Entladungskraft ihrer Tutti. Mit der "Pizzicato-Polka" von Johann und Josef Strauss und dem "RadetzkyMarsch" gab's noch zwei richtige Klassik-Gassenhauer als Zugabe.

Quelle: Artikel der Ludwigsburger Kreiszeitung vom 10. Mai 2017 von Harry Schmidt
Foto: Karin Rebstock

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